2 Wochen durch die unendlichen Weiten der Mongolei auf ausdauernden fleissig joggenden Mongolenpferden. Eine Reise in die Vergangenheit. Am 10.7. sind wir in Mörön angekommen, rechtzeitig um am Nadam in Hagtal am Högsvöl See teil zu nehmen. Nadam ist eine traditionelle mongolische Festwoche. Im ganzen Land werden zu der Zeit, Pferderennen, Ringkämpfe und Bogenschiess-Wettbewerbe ausgetragen. In den folgenden acht Tagen reiten wir auf den mongolischen Pferden, mit Knotenhalfter nach Norden. 25 km vor der russischen Grenze, haben wir einen 2700 m Pass zu überqueren, bevor wir zu den Renntiernomaden ins Tal hinunter steigen. Es ist eine Reise ins vorletzte Jahrhundert. 20 Tipis stehen verteilt im Tal, auf einer strauchlosen Fläche. Angebunden liegen Renntierkälber am Boden, während einige Renntiere in der Umgebung grasen. Aus den Tipis steigt Rauch auf, einige sind mit Kamin versehen. Die Zeltwände sind Baumwolle und die Tipis sind geräumig genug, um auch einigen Gästen Platz zu bieten. Es sind noch etwa 100 Personen und 200 Renntiere, die hier in dem sehr kurzen Sommer eine verdiente Pause einlegen. Mitte Juni schmilzt hier der Schnee und Mitte August hält der Winter bereits wieder einzug. Die Renntiere mögen keine Mücken, also ziehen sie in die Berge und kommen nur zum Melken und Tränken in der Früh und abends ins Tal. Im Winter herrschen hier -35 Grad und es wird wärmer, wenn es nur noch -25 hat.
10.7.
Mit dem Flieger gehts von München über Moskau nach Ulan Batar und dann weiter nach Mörön. Dort am Flughafen werden wir von dem Fahrer von Saraa abgeholt und auf abenteuerlicher Piste nach Hagtal gebracht. Im Haus von Saraa finde ich meine Ausrüstung wieder, die ich Berdibek übergeben hatte, als wir in Bayan Olgi geritten sind. Er hat dafür gesorgt, dass meine Ausrüstung komplett hierher nach Hagtal gebracht wurde. Wir sortieren alles aus, und es ist noch alles vorhanden. Mein MCLelan Sattel, mein Westernsattel und die Regenponchos sowie die Steigbügel. Anschliessend fahren wir mit dem gesamten Gepäck zu Suuley s Hof, der uns seine Pferde zur Verfügung stellt. Er wird als Übersetzer mitreiten. Es ist ein einfaches Haus mit Schopf nebendran, in dem er seine Sättel und Packtaschen sowie Trockenfleisch lagert. Seine Frau ist gerade am Kühe melken, die nahe bei den eingepferchten Kälbern stehen. Später wird sie aus der Milch Käse machen. Die 13-jährige Tochter übt fleissig Englisch mit uns und ist sehr wissbegierig.
11.7.
Wir sind pünktlich zum lokalen Nadaam eingetroffen und verbringen den nächsten Tag, damit bei dem Pferderennen über 30 km, den Ringkämpfen und dem Bogenschiessen sowie den Tanzdarbietungen beizuwohnen. Das Pferderennen wird mit grossem Spektakel gefeiert, denn das Preisgeld ist für die hiesigen Verhältnisse enorm. Die Pferde werden am Abend vor dem Rennen
30 km weit hinaus in die Pampa gebracht und dort ohne Wasser und Futter angebunden. Am nächsten Morgen fahren die Eltern ihre reitenden Sprösslinge hinaus und setzen sie auf die Pferde meist ohne Sattel. Auf Kommando gehts dann los, und die Pferde brettern schnellstmöglich zurück, wo sie Futter und Wasser finden. Das Siegerpferd wird hochgelobt und prämiert und die Reiterin oder der Reiter mit Geschenken überhäuft. Die Ringkämpfe und Tanzdarbietungen sind alle von Traditionen geprägt, so verlässt der Sieger eines Ringkampfes den Ring tanzend Flügel schlagend wie
Ein Vogel. Wir sehen jemand mit einem Bier, aber der hat es selber mitgebracht. Wir begnügen uns mit Tee und lokalem Fastfood (Eine Art Teigklösse gefüllt mit Hammelfleisch) und die junge Frau, die uns bedient, ist so begeistert Englisch zu üben mit uns, dass sie uns die Verpflegung schenkt.
12.7.
Am nächsten Morgen satteln wie auf, und ich muss meine eigenen Steigbügel montieren, da die welche am Sattel befestigt sind, für mich viel zu kurz sind. Auch Tina und Gudrun bekommt einen europäischen Satz Steigbügel. Tina reitet einen Schimmel, ich reite einen rotbraunen Zwerg und Gudrun einen Braunen. Suuley besteht darauf, dass wir noch einen Cousin mitnehmen, für den habe ich jedoch kein Essen eingeplant. Seis drum, er kommt mit, aber ausser, dass er alle Arbeiten für Suuley erledigen darf, ist er für uns keine grosse Hilfe, denn er spricht kein Wort englisch. Suuleys Wortschatz beschränkt sich auf ein paar Brocken, eine wirkliche Konversation ist kaum möglich.
Die Landschaft ist hügelig und sehr feucht, gutes Gras und Sumpfgelände wechseln sich ab. Wir reiten auf ca. 1500 hm und die Pferde laufen ihren uns inzwischen gewohnten Trott, aber diesmal müssen wir nicht so treiben, wie auf unserer letzten Tour in der Mongolei. Die Pferde sind einigermassen aufmerksam und gehorchen willig. Einzig das Packpferd, das hinter Suuley hertrottet, ist sehr eigensinnig, wie wir später verstellen werden. Wir machen Rast zu Mittag und Suuley macht ein kleines Feuer, um Tee zu kochen und dazu stellt er ein aus Winkeleisen gefertigten Ständer über die Glut und setzt den Topf obendrauf. Wir reiten etwa 40 km durch menschenleeres Gelände und schlagen unser Camp an einem von Suuley avisierten Platz auf. Es gibt Wasser und die Pferde haben ausreichend Gras. Wir besprechen den Tagesablauf für morgen und entsprechend den zu erwartenden Temperaturen, entscheiden wir, dass um 6 Uhr Tagwache sein wird. Wir kochen unser Wasser, um das mitgebrachten Freeze-Dryed Essen aufzuwärmen, und Suuley kocht später für sich und den Helfer, getrocknetes Fleisch in kleine Scheibchen geschnitten im Wasser. Wir geben ihnen von unserem Essen ab, damit sie nicht vom Fleisch fallen auf dem Ritt.
Heute haben wir unterwegs eine andere Gruppe von Reitern gesehen und diese angesprochen. Es waren zwei junge Französinnen aus Paris, die von uns wissen wollten, ob es ok sei mit dem alten Guide alleine zu reiten. Sie wussten nicht, dass sie erst in 14 Tagen zurück sein würden, und wussten auch nicht, dass sie ihre Verpflegung mit dem Guide teilen mussten. Ich habe den beiden meine Handy Nummer gegeben, damit wir in Kontakt bleiben konnten, sollte dies notwendig sein. Wir haben sie einigeTage später nochmals getroffen und alles schien in Ordnung zu sein.
13.7.
In der Früh ist Suuley nicht aus seinem Zelt zu bekommen, und ich bin nicht nur etwas sauer, als er erst um 8 Uhr aus seinen Federn kriecht. Das war so nicht vereinbart und Ich mache ihm klar, dass ich das nicht weiter dulden werde. Ich erkläre ihm, dass wir die morgentliche Kühle brauchen, solange die Pferde noch frisch sind, um der Hitze des Tages zu entgehen und dass ich morgen um 7 Uhr abreiten werde, egal ob er dabei ist oder nicht. Ob er mich verstanden hat, weiss ich nicht, aber
wir satteln auf und reiten los. Wir queren einige flache Flussläufe und folgen einer Wagenspur durch die nassen Wiesenflächen. Es wird sehr sumpfig und da Suuley weit vor uns reitet, entscheiden wir den Sumpf zu umreiten und ihn einzuholen, wenn er wieder Teepause machen wird. Wir kämpfen uns dem Sumpf entlang und stellen fest, dass wir dann doch quer durchmüssen, einen Berghang hinauf, um wieder auf die geplante Spur zu kommen. Es sind nur 50 m, aber diese haben es in sich, die Pferde müssen Galoppsprünge machen, um da durch zu kommen. Endlich ist es geschafft und wir sehen Suuley, unten in der Ebene sitzend auf uns warten. Das Gelände wird ebener und wir können gut Tempo machen, während wir durch lichte Wälder reiten. Tina findet wilden Rhabarber und wir können unser Abendessen mit einem Rhabarberkompott versüssen.
14.7.
Heute in der Früh, habe ich Druck gemacht und Suuley um 6 Uhr aus dem Zelt geholt. Er war stinksauer, aber das war mir egal. Es ging nicht nur um das Aufstehen, es ging auch darum, um wer das Sagen hatte, und ich war nicht bereit mir die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Nach einigen heftigen verbalen Auseinandersetzungen, wobei weder ich noch er verstanden, was der andere sagte, sattelten wir auf und ritten los. Heute sollten wir laut GPS einen Pass überqueren und übermorgen zu einem Ort kommen. Lange Zeit ging es einem ausgetrockneten Fluss entlang, wir sahen einige Tipi Stangen stehen und kamen and Wiesen mit wunderschönen Frühlingsblumen vorbei. Auf dem Pass war ein Turm auf Steinen aufgehäuft, mit blauen Bändern geschmückt und mit Knochen von Stierköpfen als Opfergaben. Einer der Stiere hatte 4 Hörner und Suuley erklärte, das dies ein heiliges Opfer gewesen sei. Die Stimmung war inzwischen wieder gut und wir machten einige Fotos und führten dann die Pferde den Pass hinunter. Sogar Suuley stieg ab, als ich abstieg, um mein Pferd zu führen. Wir hatten insgesamt etwa 90 km zurückgelegt, als wir in einem bewaldeten Tal, unser Camp aufschlugen und die Pferde zum Grasen entliessen. Am Abend gingen wir am Fluss baden und auf dem Heimweg machte ich ein Foto von einer Bärenspur, aber Suuley glaubte mir nicht und lachte mich aus. Er hatte recht, es war gefakt.
15.7.
Heute war keine Diskussion mehr. Suuley war um 6.30 angezogen am Frühstück und schien so weit guter Laune zu sein. Wir kamen wieder durch hügeliges Gelände und folgten einem Flusslauf und einer Wagenspur, das Gelände war jetzt trockener und bewaldet. Wir kamen wieder in die Zivilisation, denn an den Bäumen hingen Schilder und Informationen, deren Sinn sich uns entzog. Später gelangten wir in offenes Gelände. In der Ferne sahen wir Kuhherden und gegen Abend kamen wir zu einem Dorf Ulan UUl in dem die einzelnen Häuser mit hohen Bretterzäunen umgeben waren. Wir ritten zum Haus eines Verwandten von Suuley und konnten dort sowohl die Pferde in dem umzäunten Bereich grasen lassen, wie auch unser Tarp aufstellen. Es gab ein offizielles Gästehaus im Ort, in dem wir nach Absprache die Dusche nutzen konnten. Es war keine Frau anwesend, so dass der Herr des Hauses für uns kochen durfte. Wir kamen mit der Nachbarin ins Gespräch, die uns voller Stolz ihr gerade mal ein paar Monate altes Baby vorstellte. Ihr Mann zeigte uns dann sein Treibhaus und Garten und all die verschiedenen Gemüse, die er anbaute. Später erklärte uns der Gastgeber, wie er aus Jack-Haut Leder macht, in dem er es mit Hirnschmalz und Holzasche gerbt und führte voll Stolz seine Satteltaschen vor, die er selbst gefertigt hatte. Ich kaufte ihm eine Haut ab, um daraus später selber Satteltaschen machen zu können.
16.7.
Wir reiten auf Wiesenwegen durch offenes Gelände und sehen in der Ferne Kühe und Pferde grasen. Wir machen Rast auf einem Hof, den Suuley kennt und bekommen Tee serviert. Es gibt viele Flussläufe und Seen zu umreiten und an einer Stelle müssen wir mit einem Holz Floos zwischen zwei Landungsstegen übersetzen. Alles kein Problem für die Pferde und der Flösser machte seine Arbeit völlig souverän. Heute trabten wir mit einem Schnitt von 7.1 km/h und haben fast 60 km zurückgelegt. Es war noch nicht mal richtig anstrengend.
17.7. Seit einigen Tagen haben wir Gesellschaft von einem Hund, der uns einfach gefolgt ist, und während Suuley ihn abwechselnd zu vertreiben versucht und ihn dann doch wieder mit Trockenfleisch füttert, hat Gudrun den Kerl so richtig ins Herz geschlossen und denkt drüber nach ihn nach Deutschland zurückzunehmen. Ich verweigere mich vehement, dieses Vorhaben zu unterstützen und versuche ihr klarzumachen, dass sie keine Chance hat, den Hund nach Hause zu nehmen. Wir sind in dem Dorf Rechinikhube. Es gibt eine Bank, und eine Benzinstation, wo wir Benzin für unseren Kocher bekommen können. Es gibt ein Restaurant, in dem wir Essen gehen.
Wiederum werden wir in einem Gästehaus untergebracht, wir können Duschen und unsere Wäsche von Hand waschen. Jacks und Kühe sind in der Umgebung, wir stellen unser Tarp am Rande des Dorfes auf.
18.7.
Wir verlassen das Dorf und reiten weiter durch offenes Land, ohne Zäune, oder andere Begrenzung und können unsere Pferde mal wieder laufen lassen. Unterwegs müssen wir einen Fluss über eine hölzerne Brücke queren, aber auch dies verläuft problemlos. Am Abend pferchen wir die Pferde auf einer Koppel ein und ich finde den Eigentümer des Pferchs oberhalb auf dem Hügel. Ich gehe ihn besuchen, und er freut sich, dass wir bei Ihm übernachten. Im gleichen Pferd treffen wir auch die beiden Französinnen wieder, die sich inzwischen mit dem Guide wortlos gut verstehen.
Suuley hat sich inzwischen daran gewöhnt, dass ich mitreden will, wann wir wo Pause machen, und das Einzige, was ich ihm nicht klar machen kann, ist dass er bei den Flussquerungen warten sollte, bis alle drüben sind, und dass, wenn eine der Damen absteigen muss, um zu pinkeln, dass er doch bitte nicht einfach weiterreiten, sondern in gebührendem Abstand warten sollte. Aber er will oder kann es nicht verstehen, was ich will. Am Abend sehen Tina und ich wie er schwarze Schuhcreme auf den Rücken seines Ponys schmiert. Wir gehen rüber, um zu fragen, was er da tut. Sein Pferd hat eine offene Stelle im Rücken und diese sehen wir jetzt zum ersten Mal. Suuley erklärt er habe gesehen, wie Tina Zahnpaste auf einen eiternden Mückenstich ihres Pferdes geschmiert habe, und er meinte die Schuhcreme würde auch seinem Pferd helfen. Wir vermuten, dass der hölzerne Sattel, die Ursache für die Wunde ist und bitten ihn, uns diesen zu holen, was er widerwillig macht. Wir legen den Sattel auf und jetzt wird auch ihm klar, warum sein Pferd dort eine Wunde hat. Der von ihm neu gekaufte Holz-Sattel, war vorne nicht ordentlich geformt, so dass die rechtwinklige Kante des Sattelblattes, die Wunde verursacht hatte. Mit unseren Messern und einer Axt bearbeiteten wir das Sattelblatt, bis es einigermassen rund war, und entschieden dann, meinen MCLelan Sattel, der auf dem Packtier lag, auf den beschädigten Rücken zu legen, damit die Wunde wieder verheilen konnte. Suuley war sichtlich froh, dass wir hier eine gute Lösung für sein Pferd gefunden hatten.
19.7.
Nach einer Woche im Sattel erreichen wir Gurvanseikhan im Tal Tsagan Nur, wir haben etwa 230 km hinter uns. Dort übergibt Gudrun den Hund einem Ehepaar, bei dem wir Abend gegessen haben, und zahlt dafür, dass sie den Hund zürück halten, wenn wir am Morgen abreiten. Wir kampieren, ausserhalb des Ortes und reiten in nun etwas hügeligeres Gelände hinein. Es sind nur noch etwa 20 km Luftlinie bis zur russischen Grenze und wir reiten beständig den Berg hinauf, einem Pass entgegen. Unterwegs sehen wir eine andere grössere Reitergruppe, die uns entgegen kommt. Einige der Reiter sind ganz schön übergewichtig und sehen entsprechend fertig aus.
Wir kommen auf den Pass hinauf und dort oben sehen wir die ersten Renntiere, die alle einen Strick um den Hals haben. Sie ernähren sich von Flechten, die hier oben wachsen und hier oben, wo der Wind weht sind sie von den Kribbelmücken verschont. Unten im Tal stehen die Tipis, die mit Renntierfellen oder Baumwolle bezogen sind, wie weisse Punkte in der Landschaft stehend.
Die Tsaatan Rentiernomaden (auch Dukha genannt) sind Teil der Tuva, einer ethnischen Gruppe aus Russland. Sie siedelten von Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts aus Südsibirien über, als sie zwischen verfeindete Fronten gerieten. Infolge der russischen Revolution und dem Zerfall des chinesischen Kaiserreichs entstand die Mongolische Volksrepublik. In den 1920er Jahren durchzog dann plötzlich eine Grenze den Lebensraum der Tuva. Viele Rentier Nomaden verließen die Region in Russland in den folgenden Jahrzehnten außerdem, um den Schrecken des 2. Weltkrieges zu entkommen. Erst im Jahr 1955 bekamen die Tsaatan Nomaden die mongolische Staatsbürgerschaft. Hete leben in der Mongolei nur noch etwa 30-40 Nomadenfamilien (um die 200-300 Personen) mit etwa 600-1000 Rentieren. Der Gouverneur von Tuwa hat die Familien besucht und in einer Krisensituation Renntiere aus dem Norden in die Mongolei geschickt, um das Überleben der Familien zu sichern. Der Stamm der Dhuka ist vom Aussterben bedroht.
20.7. Wir reiten kurz nach Mittag ins Lager hinunter und werden vom Familienoberhaupt freundlichst begrüsst. Die Kommunikation ist allerdings sehr spärlich, da zum einen Suuley ihn nicht wirklich versteht, und die Übersetzung ins Englische dann nochmals eine riesige Hürde ist. Zum Glück ist ein französischer Fotograf mit seiner Frau anwesend, so dass wir von ihnen mehr über die Tuwa und ihre Gewohnheiten hören können. Das Lager liegt in einem kleinen Tal und die Tipis sind auf kleinen Grasinseln aufgestellt. Aus welchen Gründen auch immer, der Fotograf vermutet, der Grund liege an den Pflanzen, die hier wachsen, sind so 50 m rund um Tipis keine Stechmücken anwesend, während wenn man diesen Bereich verlässt, man von den Kribbelmücken aufgefressen wird. In dem geschützten Bereich liegen auch die Renntiere, welche zum Teil frei, andere wiederum angebunden sind. Die Renntiere werden gemolken und aus der Milch wird Getränk, Butter und Käse hergestellt. Das Fleisch der geschlachteten Renntiere, hängt zum Trocknen an den Stangen der Tipis, neben allerlei Kräutern und getrockneten Pflanzen. Es gibt weder Benzin noch Storm und keine entsprechenden Geräte, in der Nacht brennt in jedem Tipi ein kleines qualmendes Feuer und einige Talgkerzen. Wir haben Taschenlampen mit Kurbellader mitgebracht und dazu lederne Handschuhe, die als Gastgeschenk gerne angenommen werden. Wir können gegen einige mongolische Geldscheine geschnitzte und mit Blut gefärbte Renntier-Geweih Stücke erwerben und uns wird eine Suppe aus Renntierfleisch und Nudeln zum Abendessen vorgesetzt. Wir schlafen in einem der Gästetipis und verbringen den Abend mit Gesprächen mit den beiden Fotografen. Diese erzählen uns von der sehr kurzen Sommerweide Zeit, so quasi der Monat August, ab September schneit es hier schon wieder, und davon dass die Tuwa dann in tiefer gelegene, bewaldete Regionen gehen, wo sie vor den –30 bis –50 Grad Temperaturen besser geschützt sind und die Tiere trotzdem ihr Futter finden. Die Tuwa brechen ihre Tipis ab, sobald im Spät August, die ersten Pilze aus dem Boden schiessen, denn die Renntiere sind ganz wild auf die Pilze. Weil jedoch auch welche dabei sind, deren Stoffe Halluzinationen auslösen können, wird es echt gefährlich, die Tiere zu händeln.
21.7. Wir packen unsere 7Sachen, verabschieden uns und satteln auf, verlassen das Tal mit den Renntiernomaden und klettern wieder zurück den Pass hinauf. Inzwischen sind auch die Renntiere wieder hier oben und kauen genüsslich an ihren Flechten. Auf dem Höhepunkt des Passes beginnt plötzlich mein Telefon wie verrückt zu bimmeln, und alle Nachrichten, die in die letzten 9 Tage aufgelaufen sind, werden heruntergeladen. Eine ist auch dabei, von meinem Schwiegersohn, der um dringenden Rückruf bittet. Also lassen wir die Pferde grasen, während ich mit meiner Schweizer Nummer knapp vor der russischen Grenze, einen Anruf nach Colorado in den USA anwähle. Es geht um ein Grundstück, dass meiner Frau gefällt, und das mein Schwiegersohn für uns erwerben möchte. Er braucht meine Zustimmung, damit mein Bruder das Geld freigeben kann, um es zu erwerben. Nachdem er mir bestätigt, dass meiner Frau, das Grundstück und das Haus gefällt, stimme ich zu und 3 Monate später kann ich mir das gekaufte Grundstück in Colorado dann auch selbst anschauen. Der Anruf hat 380 CHF gekostet.
Wir führen die Pferde das Tal hinunter und sitzen auf, um nach Tsagan Nur zurückzureiten. Wir reiten jedoch nur bis zur Brücke und campieren dort in der Nähe an einem von Mücken und Fliegen verseuchten Sumpf. Nur ein paar km weiter, wäre es trockener gewesen, aber das sahen wir erst am nächsten Morgen. Als ich nach dem Grund, warum wir nicht im Ort übernachten, frage, stellt sich heraus, dass Suuley nicht möchte, dass wir von Betrunkenen belästigt werden. Wie üblich lassen wir die Pferde frei grasen nach dem Absatteln, und ich bin grad dabei das Tarp aufzustellen, als ich bemerke, dass mein Pferd Pumukel erheblich lahmt. Ich gehe zu ihm rüber, und stelle fest, dass er eine geschwollene, heisse Sehne hat am linken Vorderlauf. Er muss einen Tritt abbekommen haben, anders lässt sich die Situation nicht erklären. Ich hole Tina dazu und gemeinsam gehen wir zu Suuley, um mit ihm über die Situation zu sprechen. Wir entscheiden, dass Pumukel Schmerzmittel bekommt, die ich dabeihabe, und dass er als Packpferd mitlaufen muss und ich das Packpferd reite, sollten wir keine andere Lösung finden. Aber Suuley meint, dass er vielleicht von einem localen Nachbarn, ein Pferd eintauschen kann. Wir machen unser Abendessen fertig, während Suuley telefoniert und ein paar Stunden später taucht plötzlich ein Reiter an unserem Camp auf, der verspricht am nächsten Morgen ein Pferd zu bringen und Pumukel nach Hause zu nehmen. Wir sind beruhigt und legen uns unter dem Tarp schlafen.
22.7.
Um sechs stehen wir auf, essen unser Porridge und satteln die Pferde. Es ist 8 Uhr und der Reiter ist noch immer nicht gekommen. Suuley ruft ihn an, aber vergebens. Wir warten noch eine Stunde und dann brechen wir auf. Ich reite also das Packpferd, während Pumukel mit Medis versorgt lahmend mit dem Gepäck hinterher zottelt. In 12 km Entfernung, ist ein weiterer Hof, wo wir das Pferd tauschen können, mein Suuley. Ich habe meine liebe Mühe mit dem Packpferd, dass noch nie geritten wurde, und das nicht vom Schweif von Suuleys Braunem weichen will. Es nervt und ich zwinge den Braunen, sich mir unterzuordnen, was er auch widerwillig tut, aber bei jeder Unaufmerksamkeit meinerseits, düst er wieder rüber, zum Schweif des Führpferdes. So habe ich meine Beschäftigung, während wir zum nächsten Hof reiten. Dort angekommen, kriegen wir zwar Tee, aber tauschen tun wir nicht, schlicht, weil nur ein einziges Pferd zur Verfügung steht. Also nochmals Equi und weiter gehts, und Pumukel läuft sich auch jedes Mal besser ein. Wir reiten weiter bis wir wieder auf der Höhe von Renchinikhumbe sind, wo wir Camp machen. Es sind rund 60 km und Pumukel scheint die Lauferei gut zu tun, denn die Schwellung ist zurück gegangen und weniger heiss. Wir reiten in den Ort hinein, und Suuley hat jemanden gefunden, der ihm ein Pferd verkaufen will, aber er hat das Geld dafür nicht, und bittet mich deshalb ihm das Geld bei der Bank zu holen und ihm zu leihen. Also zur Bank, wo ich 400 USDollar abhebe und ihm gebe, damit er ein Ersatzpferd holen kann. Als er zurück kommt und ich das Pferd sehe, bin ich nicht sehr glücklich über seinen Kauf, die Hufe sind viel zu lang, und er hat einen unsauberen Gang. Ich lasse ihn dies wissen, aber Suuley ist überzeugt, dass das Pferd gut sei. Wir packen also um, und Pumukel kann jetzt ohne Gepäck mitlaufen. Im Ort essen wir bei einem Bekannten von Suuey und dieser macht mongolische Sättel, die wir uns auch ansehen. Wir machen Camp und hoffen alle, dass es morgen besser sein wird.
23.7. Wir stehen wie üblich auf, frühstücken und satteln unsere Pferde. Suuley entscheided sich, das neue Pferd zu reiten, und ich bekomme sein Führpferd. Das Packpferd übernimmt wieder seine Last und Pumukel erneut mit Equi versorgt, wird frei hinter uns herlaufen, was schon viel besser geht. Schon nach einigen km, ist klar, dass Suuley mit diesem Pferd nicht weiter kommt, da es alle paar Meter stolpert und es einfach keinen Spass macht. Gegen Mittag erreicht Suuley den Besitzer endlich und dieser ist bereit das Pferd wieder zu holen. Wir erreichen unser Camp und um ca 9.00 Uhr abends hören wir Hufgetrappel. Der Besitzer kommt und nimmt das Pferd, um zurück zu reiten. Es sind ca. 40 km, aber das scheint ihn nicht weiter zu stören.
24.7. Wir sind definitive wieder in der Zivilisation. Es gibt einen Pfad dem See entlang und immer wieder sehen wir Holzhäuser und andere Bauten stehen. Eine Gruppe Russen kommt uns mit ihren Mountainbikes entgegen, und schieben diese durch das zähe Geröll des Ufers. Sie werden so wohl nicht sehr weit kommen. Unsere Pferde sind da schon erheblich eleganter unterwegs, die kümmert so ein bisschen Schlamm oder Geröll gar nicht. Wir erreichen eine Touristendorf und dort steht ein Gasthaus, in dem wir uns einquartieren. Es gibt geräucherten Fisch zu kaufen und wir erstehen eine Lammkeule, um ein Assado zu machen. Heute schlafen wir richtig zivilisiert in einer Jurte, frisch geduscht und mit gewaschener Kleidung und ein anderer Guide, kommt her, um zu sehen, was wir hier am Feuer brutzeln. Wir kommen ins Gespräch und geniessen den Abend.
25.7. Auf dem weiteren Weg am nächsten Tag, kommen wir an einem religiösen Versammlungsort vorbei und nähern uns dem Ort Kathgal von Norden. Bei den ersten Häusern kehren wir ein, geniessen ein lokales Bier und sehen eine andere Gruppe Reiter vorbeireiten. Dabei ist ein Mädchen, dass einem US Native Stamm entsprungen sein könnte, mit Federschmuck im Haar. An einem im Wald aufgebauten Basaar erstehen wir einige Souveniers, aber da Suuley mal wieder nicht mitbekommen hat, dass wir abgestiegen sind, können wir nicht zu lange verbleiben. Wir steigen also wieder auf, und ich folge meinem GPS-Trail, in der Hoffnung, dass Suuley den gleichen Weg genommen hat. Eine Stunde später treffen wir dann auch auf ihn, er hat inzwischen Siesta gemacht und sich einen Tee gekocht. Gemeinsam reiten wir weiter bis wir gegen 16.00 Uhr an seinem Hof ankommen und die Pferde ein letztes Mal absatteln. Wir werden abgeholt und schlafen im Gästehaus von Saraa.
26.7. Am nächsten Tag gehen wir mit ihr zu Suuleys Hof zurück und müssen warten, weil er gerade als Schamane ein Mädchen behandelt. Während dessen sprechen wir mit seiner Tochter, und sie will wissen, wie es für uns war. Später setzt sich Suuley zu uns und ich bin einigermassen überrascht, wie er positiv über mich und uns als Gäste spricht. Er bittet Saraa zu übersetzen und entschuldigt sich bei mir, dass er nicht kooperativ gewesen sei. Er habe erkannt, dass ich ein guter Guide sei, und er von mir lernen könnte. Wow. Das ist wahre Grösse. Er gibt mir mein Geld und ich rechne mit Saraa ab, stelle dabei aber sicher, dass auch er seinen Teil mit grosszügigem Trinkgeld bekommt. Saraa ist bereit, mein Zeugs wieder bei Ihr einzulagern. Beim Abendessen fragt Saraa, ob es vielleicht möglich wäre, ein Seminar für die lokalen Guides zu organisieren, an dem ich unterrichten würde.
27.7. Am nächsten Morgen sind wir bereit für unseren Rückflug und werden zum Flughafen gebracht. Es war eine tolle Tour, die wir wiederholen wollen. Leider hat Covid uns einen Strich durch die Seminaroption im folgenden Jahr gemacht, aber was nicht ist, kann ja noch werden.
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